„Sage mir, von welcher Wortart du bist,
und ich sage dir, woher du kommst”
Die Systematik der Entlehnungen
Kweda
entlehnt seinen Wortschatz europäischen Sprachen, wobei die Vokabeln je
nach Wortart bevorzugt aus einer bestimmten Sprachfamilie oder -gruppe
kommen. Dieses Vorgehen geht auf die Anregung des 1996 geschaffenen Dunia zurück. Die folgende Tabelle zeigt die Systematik der Entlehnungen beider Sprachprojekte:
Wortart
|
Dunia
|
Kweda
|
Hauptwort (Substantiv)
|
Latein; Englisch, Deutsch;
Arabisch
|
romanische Sprachen;
Griechisch; Albanisch,
Baskisch, Maltesisch
|
Zeitwort (Verb)
|
Spanisch/Portugiesisch
|
germanische Sprachen
|
Eigenschaftswort (Adjektiv)
|
Hindi/Urdu
|
slawische Sprachen
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Umstandswort (Adverb)
|
Russisch
|
finnougrische Sprachen
|
Bindewort (Konjunktion)
|
Malaiisch/Indonesisch
|
Zigeunersprache (Romanes)
|
Ein
Beweggrund für dieses Vorgehen ist die Möglichkeit der Zweitverwertung:
„Diese Methode ermöglicht es, dass jeder Dunia-Lernende die Wurzeln der
erlernten Vokabeln kennt und sie so, selbst wenn er sich von Dunia
abwendet, für andere Studien verwenden kann.”*
Mittlerweile
wird die in der Tabelle gezeigte Aufteilung im Kweda – aus
verschiedenen Gründen – nicht mehr so streng durchgehalten wie in den
Anfangszeiten des Projektes. So gibt es unter den größtenteils
romanischen Hauptwörtern zahlreiche slawische wie noga („Bein”), voda („Wasser”) oder ovce („Schaf”); dafür sind zu den slawischen Adjektiven zahlreiche germanische gekommen wie fasti („fest”, vgl. schwed. fast und althochdeutsch festi) oder greni („grün”), und romanische Wörter wie ploran („weinen”) oder sukten („saugen”, vgl. Liposuktion = „Fettabsaugung”) sind in die ursprünglich germanische Domäne der Zeitwörter gedrungen.
Allerdings
gibt es solche Ausnahmeerscheinungen auch im planerischen Vorbild
Dunia, wie die Übersetzung des Babeltextes belegt: Anstelle eines
lateinischen oder englischen Wortes für „Mensch”, „Volk” treffen wir
dort auf das chinesische ren, das japanische kotoki steht für das Zeitadverb „nun“ und das lateinische famozi für „berühmt“ taucht als Adjektiv auf.**
Die Systematik der Entlehnungen dient im Kweda zwar weiterhin als Richtschnur, aber sie ist kein Dogma.
„An ihren Endungen sollt ihr sie erkennen”
Die Wortarten und ihre Identifizierbarkeit
Dass
es nützlich sein kann, in einer fremden Sprache Haupt-, Zeit- und
Eigenschaftswörter auf den ersten Blick voneinander unterscheiden zu
können, leuchtet jedem ein, der einmal einen anspruchvolleren
englischen, spanischen oder finnischen Text gelesen hat. Betrachten wir
folgenden Fall:
Time flies like an arrow,
fruit flies like a banana.
(Groucho Marx)
Das
kommt davon, wenn die drei Hauptwortarten keine charakteristische Form
haben. Die meisten Nicht-Muttersprachler dürften bei einem solchen Satz
erst einmal ins Grübeln kommen; und so wird es ihnen auch gehen, wenn
sie auf Anhieb entscheiden sollen, ob ein spanisches Wort, das auf -as
endet, nun die zweite Person Singular Präsens Indikativ eines Verbs mit
der Infinitivendung -ar oder die zweite Person Singular Präsens Konjunktiv eines Verbs auf -er/-ir oder ein
weibliches Hauptwort in der Mehrzahl oder vielleicht doch ein Adjektiv
in der femininen Pluralform ist; oder ob ein finnisches -ta nun den
Partitiv eines Hauptworts oder einen Infinitiv oder doch nur ein
schlichtes Eigenschaftswort anzeigt.
In
einer Plansprache sollte es selbstverständlich keine solchen
Mehrdeutigkeiten geben. In den klassischen Entwürfen wurden daher aus
gutem Grunde die Wortarten anhand ihrer Endung gekennzeichnet, und so –
das abschreckende Beispiel der bananophilen Fruchtfliegen vor Augen –
verfährt auch Kweda:
|
Hauptwort
(Einzahl)
|
Eigenschaftswort
|
Zeitwort
(Grundform)
|
Umstandswort
|
Volapük
|
-(Mitlaut)
|
-ik
|
-ön
|
-iko
|
Esperanto
|
-o
|
-a
|
-i
|
-e
|
Ido
|
-o
|
-a
|
-ar
|
-e
|
Novial
|
-e (mit Aus-
nahmen)
|
-i
|
-a (mit Ausnahmen)
|
-im oder - –
|
Kweda
|
-a, -e, -o, -u
|
-i
|
-n
|
-i(n) oder - –
|
Dass
sich Kweda bei der Endung der Hauptwörter nicht auf einen einzigen
Selbstlaut festlegt, wie es das Esperanto tut, hat gute Gründe. Es
ermöglicht damit eine bessere Differenzierung des Wortschatzes (z. B. akcia „Aktie” – akcio „Aktion”; kaza „Haus” – kazu „Fall”; mane „Morgen“ – manu „Hand”; pite „Hupe” – pito „Nabel”), es ermöglicht z. B. bei Verwandtschaftsbezeichnungen eine Unterscheidung nach dem natürlichen Geschlecht (tia „Tante” – tio „Onkel”), und es vermeidet so ganz nebenbei auch eine Eintönigkeit des Klangs aufgrund des ständig gleichen Endvokals.
Die
Endungen der Wortarten entsprechen zudem größtenteils jenen in den
Quellsprachen: Dass in den romanischen Sprachen (insbesondere Spanisch,
Portugiesisch und Italienisch) Hauptwörter in der Einzahl - von wenigen
Ausnahmen abgesehen - auf einen der Selbstlaute a, e, o oder u enden,
kommt dem grundlegenden Ansatz des Kweda entgegen, die Vokabeln
möglichst unverändert den natürlichen Sprachen zu entnehmen.
Das gilt auch für die Eigenschaftswörter: Die Endung -i ist nicht
willkürlich gewählt, sondern entspricht der Wörterbuchform des Adjektivs
in den meisten slawischen Sprachen (die grafischen, teils auch
phonetisch relevanten Varianten -y, ý und -ij wurden dabei nicht
berücksichtigt). Auch die Endung Vokal + -n für die Verben wurde in dem
Bestreben gewählt, die Wörter einerseits nach der Wortart zu
kennzeichnen und sie andererseits so weit wie möglich in der natürlichen
Form der Quellsprachen zu belassen. Die Endung -an ist eine
Kompromissform zwischen der nordgermanischen Infinitivendung -a
(Schwedisch, Färöisch, Isländisch, Altnordisch) und dem
westgermanischen -en (Deutsch, Niederländisch, Friesisch, Jiddisch). Im
Gotischen und Altenglischen lautete die Infinitivendung ebenfalls -an.
Die
Umstandswörter (Adverbien) tanzen in diesem Schema ein wenig aus der
Reihe; aber da sie ohnehin die am schwersten zu fassende Wortart sind
und die meisten Adverbien überdies von Adjektiven abgeleitet werden,
dürfte sich das Fehlen einer kennzeichnenden Adverbialendung kaum
störend bemerkbar machen. Sollte es im Satzzusammenhang notwendig sein,
die adverbiale Funktion eines Eigenschaftswortes eigens zu kennzeichnen,
kann dies durch Anhängen von -n an das Endungs-i geschehen. Eine
Verwechslung mit einem Verb ist dabei ausgeschlossen, weil es keine
Verben gibt, die auf -in enden.
* http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Immanuel_Giel/Dunia
** http://www.langmaker.com/babel/dunia.htm